Von der Wiege bis zur Bühne: Kein Instrument ist so allgegenwärtig und zugleich so individuell wie die menschliche Stimme. 2025 steht sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit – auch in Wuppertal.
Seit 2008 rufen die Landesmusikräte der deutschen Bundesländer jedes Jahr ein „Instrument des Jahres“ aus. Nach Tuba, Geige, Orgel oder Saxofon fällt die Wahl diesmal auf ein Instrument, das uns allen buchstäblich in die Wiege gelegt wurde: die Stimme. Eine Entscheidung, die zunächst überraschen mag – schließlich fehlt der Stimme das Offensichtliche vieler anderer Instrumente. Doch genau das macht sie so besonders.
Die Stimme sei das „älteste Instrument der Welt“, heißt es aus den Reihen der Landesmusikräte. Sie begleitet uns im Alltag, in der Kunst und im Miteinander. Ob Sprechen, Singen, Flüstern oder Rufen – die Stimme verbindet kulturelle, sprachliche und geografische Grenzen. „Es ist das Instrument, das uns zu Menschen macht“, betont das Deutsche Musikinformationszentrum.
Ein Ort, an dem die Stimme nicht nur Mittel der Kommunikation, sondern vor allem Mittel der Musik ist, liegt mitten in Wuppertal: die Wuppertaler Kurrende. Der traditionsreiche Knabenchor bringt seit Jahrzehnten Jungenstimmen zum Klingen – und das auf bemerkenswertem Niveau. Lukas Baumann, musikalischer Leiter des Chores, betont: „Den spezifischen Klang der Knabenstimme fördern wir mit viel Leidenschaft. Diese Leidenschaft überträgt sich auf die Jungs, die dann schon mit zehn Jahren beispielsweise die schönsten Werke von Bach, Mendelssohn und Mozart auf hervorragendem Niveau musizieren.“
Baumann ist überzeugt: Die Stimme ist mehr als ein Instrument unter vielen. „Sie ist Ursprung jeder Musik und die Basis für ein reifes musikalisches Gespür.“ Dass die Förderung der Stimme mehr ist als reine Musikvermittlung, bestätigt auch Tilman Klett, Geschäftsführer der Kurrende. Aus eigener Erfahrung weiß er: „Beim Singen im Chor musste ich nicht zuhause üben, machte aber schnell große Fortschritte – und stand schon früh mit Profimusikern auf der Bühne.“ Auch wenn er heute anders als Baumann kein Musiker ist, begleitet ihn die Stimme als Instrument im Alltag: „Die erlernte Stimmtechnik und Bühnenerfahrung helfen mir beispielsweise bei Vorträgen bis heute.“
Für viele Kinder ist die Stimme der ideale Einstieg in die Welt der Musik – nicht zuletzt, weil sie immer „dabei“ ist. Tilman Klett beobachtet das regelmäßig: „Viele Eltern möchten, dass ihre Kinder ein Instrument erlernen. Doch oft hält die Motivation beim Üben zuhause nicht lange. Beim Singen ist das anders: Durch die regelmäßigen Proben im Chor und die professionelle Stimmbildung machen die Kinder schnell Fortschritte – und erleben früh erste musikalische Erfolgserlebnisse.“ Die Stimme erfordert kein teures Zubehör und keine Vorkenntnisse – nur die Bereitschaft, sich auf das eigene Klangpotenzial einzulassen.
Mit dem Instrument des Jahres rückt 2025 ein Klangkörper ins Rampenlicht, der oft bei Aufzählungen vergessen wird – dabei ist er stets präsent. In Institutionen wie der Wuppertaler Kurrende zeigt sich, wie tief Musik und Persönlichkeitsentwicklung miteinander verwoben sind – und wie viel Potenzial im ältesten Instrument der Welt steckt.